Zum diesjährigen Fliegertrip im Herbst war ich mit meinen Air-Rocker-Buddies im Streckenflugmekka Piedrahita in Zentralspanien, westlich von Madrid. Letztes Jahr ist uns aufgefallen, dass die Skyway- Streckenflugkarte einen fetten Strich in der Mitte Spaniens zeigt:
Das heisst so viel wie, hier wird viel gebolzt in einem Gebiet das wir noch nicht kennen! Diese Lücke mussten wir natürlich ausmerzen, also nichts wie rein in den grossen Flieger und ab nach Madrid.
Zwei Fahrtstunden später, vom Airport zum Startplatz, und einer ersten Hollywood-Sunset-Soaring-Session (der Letzte macht das Licht aus), setzen wir also Fuss in die Hochburg des spanischen Streckenfliegens und Austragungsort zahlreicher Paragliding Weltcups.
Kaum gelandet stellen wir fest – hmm, hier ist nicht viel los… Irgendwie hatten wir uns das Dorf anders vorgestellt: So ein vor Leben pulsierender Paragliding Hotspot, bei dem selbst der Dorfbäcker noch schnell 100 km am Abend abreisst, oder ein Städtchen wie Algodonales, wo in den zahlreichen Bars die glorreichen Heldenstories des Flugtages verkündet werden.
Gedanklich darauf eingestellt, dass dieses Monza des Streckenfliegens nur so vor ambitionierten XC Cracks und leistungshungrigen Piloten überquillt, hat uns die Realität in Anbetracht leerer Strassen und Häuser schnell eingeholt: Piedrahita liegt in „the middle of nowhere“ und kommt einem in Punkto Bevölkerungsdichte etwas spanisch vor.
Das hat aber auch seine Vorteile, denn wir hatten eine Woche lang unsere Ruhe vor überfüllten Startplätzen und den Nahkampferfahrungen der Dolomiten im ersten Startschlauch. Später erfahren wir von unserem Local Steve Ham, dass ab Mitte September eine Stadtflucht aufgrund des Ferienbeginns stattfindet, und sich die Einwohnerzahl des ohnehin schon kleinen Kaffs nochmal um die Hälfte reduziert.
Egal – wir sind ja schliesslich zum Fliegen da, und das bietet hier eine ganze Menge! Gestartet wird in der Sierra de Gredos auf 1900m, davor und dahinter ist das Land gross, flach und staubig.
Das Fliegen geht auch nicht wirklich als Gebirgsfliegen à la Alpen durch, man sollte meinen, man bolzt einfach das Scheidegebirge von West nach Ost und umgekehrt ab. Viel sicherer als die Hangthermik an der Sierra, entwickelt sich mit zunehmender Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf die Flachlandthermik, und die Devise „vorm Absaufen vom Hang ins Flache“ ist bei mir mehr als nur einmal aufgegangen.
Somit ist das Fliegen wohl irgendwie eine Mischung aus Gebirgs- und Flachlandfliegerei. Neben den berühmten Konvergenzen mit guten Steigzonen (an der Ridge treffen Nord- und Südwind der Ebenen aufeinander), gibt es zum Teil auch echte Sauflöcher, wo sinkende Luftmassen den Piloten exorbitant Richtung Boden spülen.
Alles in allem hatten wir klasse Flugtage in Piedrahita und konnten jeden Tag, bei abwechslungsreichen Bedingungen und Thermik oberhalb der 3000er Marke, interessanten Strecken über die weiten Flächen Zentralspaniens fliegen (-> Link zu meinem Flug).
Dank perfekt organisiertem Rückholservice mit Live Tracking durch Steve und sein Team war auch der Retrieve nach der Landung stressfrei.